Wohnen im alten Badhaus

2008 – 2011

Das Haus befindet sich außerhalb der damaligen Stadtmauer der Stadt Baden, am südlichen Ufer des Mühlbaches. Dieser Teil der Stadt wurde vermutlich im 14. Jahrhundert bebaut. Aus den Steuerunterlagen der Stadt wird angenommen, dass bereits zu dieser Zeit hier das Badhaus in der Nähe des Brunnens und der zur Marktzeit belebten Freiung bestand. Anfang 15. Jahrhundert wird es urkundlich erwähnt und 1527 als „Schwitzbad“ bezeichnet. Das Haus bleibt bis 1768 Badstube, wird bis dahin aber mehrmals durch Krieg und Brand zerstört, jedoch immer wieder aufgebaut und hergerichtet. Auch beim großen Stadtbrand 1812 wird das Haus schwer beschädigt. Das Objekt kommt Mitte des 20. Jh. an die Stadtgemeinde Baden. Es werden hier „Wohnungen“ eingerichtet, bis zu 14 Wohnungen mit lediglich 2 WCs im Haus und den Nebengebäuden.

Zur Revitalisierung
Das Objekt verfällt zusehends, die Stadtgemeinde lehnt Instandsetzungsarbeiten ab, räumt die Wohnungen und verkauft das Haus. Eine Bürgerinitiative stellt sich gegen den Abriss, das Objekt wird unter Denkmalschutz gestellt. Nach neuerlichem Besitzerwechsel wurde ab Herbst 2008 die Liegenschaft als privates Wohnhaus mit Büroräumen revitalisiert.

Das historische Gebäude war in einem völlig desolaten Zustand: die Mauern feucht (Niveau der EG Räume teilw. unter Straßenniveau), alle Fenster kaputt, keine Innentüren vorhanden, Installationen und Kanal unbrauchbar, Decken teilw. desolat, Dachdeckung aufgerissen und undicht, Dachstuhl teilw. einsturzgefährdet, Hofniveau zubetoniert usw.
Vor Beginn der Bauarbeiten wurde eine bauhistorische Untersuchung beauftragt und Restauratoren zur Kontrolle durch das Objekt geschickt.

Baumaßnahmen
Trockenlegung aller Wände des Objektes, Abbruch eines sehr desolaten erdgeschoßigen Traktes an der Strasserngasse und Neubau unter Einhaltung der Gebäudekontur an der Straßenfront (Ensembleerhaltung), hofseitig mit den aus dem Abbruch gewonnenen Steinen als Kontrast zur historischen Putzoberfläche und als moderner Baukörper.
Erneuerung aller Böden und Unterböden, wobei sich die Bodenbeläge nach den Raumstrukturen richten (im Eingangsraum, der barock ist, sind Kehlheimerplatten, im nachfolgenden Hausdurchgang, welcher aus dem 16. Jh. ist, sind handgeschlagene Ziegelplatten, in den Wohnräumen sind Holzböden verlegt).
Dachstuhlsanierung (nicht erneuert!) und Neudeckung mit den alten Dachziegeln am Haupthaus, mit neuen Dachziegeln am Nebengebäude.
Fassadenuntersuchung und Festlegung der barocken Fassung an der Straßenfassade, (Oberfläche mit Kalkputztechnik, Erneuerung aller Fenster (Lärchenfenster geölt mit altem Profil, neuer Isolierglasscheibe) und Rückführung auf die historische Fensterebene, Sanierung der Steingewände, frei legen von Wandmalereien (nur mehr Reste der ehemals reichen Dekorationen vorhanden) und professionelle Restaurierung der Oberfläche.
Sämtliche Baumaßnahmen wurden mit traditionellen Baumaterialien, immer am Bestand orientiert durchgeführt – Kalkputz, Kalkglätte an den Wänden, Dippelbäume aus Altholz, Holzböden, Ziegelböden, Schmiedeeisenbauteile, Steinmauern.

Energetische bzw. ökologische Zielsetzung:
Einbau einer CO2-neutralen Heizung (Pelletskessel) im Nebengebäude, 35 m2 Sonnenkollektor am Dach Neubautrakt zur Heizungsunterstützung und Warmwasserbereitung, Niedertemperaturheizung als Fußbodenheizung und Wandheizung an den Steinmauern (kalte Abstrahlung minimiert!), integrierte Heizungssteuerung.

Im Hof wurde das Niveau wieder abgegraben, eine Neupflasterung mit Steinplatten vorgenommen, ein neuer Garten angelegt mit Obstbäumen, Kräutern und Rosen und zur Optimierung des Mikroklimas ein Seerosenbecken angelegt.

Mitarbeiter
Martina Lindner

Foto
Gerhard Lindner

 

Standort

Baden, Neustiftgasse 6a – Strasserngasse 2

Bauherr

privat